Kannibalismus beim Schwein
Kannibalismus in der Ferkelaufzucht aber auch in der Schweinemast ist ein Problem, das manche Schweinehalter fast in den Wahnsinn treibt. Da die Ursachen und Auslöser sehr unterschiedlich sein können, gibt es auch kein „Patentrezept“.
Vor allem im Frühjahr und Herbst treten Probleme mit Kannibalismus gehäuft auf. Die großen Witterungs- bzw. Temperaturschwankungen aber auch wechselnde Lichtverhältnisse dürften in dieser Zeit das Problem intensivieren. Die Formen von Kannibalismus reichen vom klassischen „Schwanzbeißen“ bis zum Ohrenbeißen oder Flankenbeißen. Für die Ursachenforschung ist die Art des Kannibalismus nicht unwesentlich, da man gezielter suchen kann.
1.) Ohrenbeißen: Meist ist das Ohrenbeißen ein Problem in vereinzelten Buchten. Wenn die Ohren blutig sind, sollte zuerst einmal geklärt werden, ob es einen Zusammenhang mit Ohrenrandnekrosen gibt. Haben Ferkel aufgrund von Ohrenrandnekrosen blutige Ohrränder, tritt häufig das Ohrenbeißen als Folge davon auf. Neben haltungsbedingten Ursachen (Verletzungen, Klima) gibt es genetsche Ursachen und Erkrankungen. Bei den Erkrankungen ist der Blutparasit Eperythrozoon suis („Eperythrozoonose“) und eine Streptokokkeninfektion zu nennen. In der Regel kommen aber nicht-infektiöse Ursachen in Frage. Auch aufgrund von Stressreaktionen (erhöhte Adrenalin und Cortisonspiegel) kann es zu Durchblutungsstörungen in den feinen Blutgefäßen an den Rändern der Ohren kommen. Bereits bei geringsten Verletzungen kommt es zu Blutungen, die nur sehr schlecht abheilen.
Lässt sich kein Zusammenhang zu Ohrenrandnekrosen beobachten, so ist in der Regel der Spieltrieb der Ferkel (Ersatz der verloren gegangenen Zitzen) ausschlaggebend. Mit entsprechendem Beschäftigungsmaterial sollte hier für Ablenkung gesorgt werden. Welches Beschäftigungsmaterial dafür am besten geeignet ist, lässt sich nicht generell beantworten. Die Palette reicht jedenfalls von diversen Ketten bis zu Holzteilen, Spielbällen, Stroh, Papierschnitzel etc.
Der Einfluss der Fütterung auf das Ohrenbeißen ist umstritten. Optimales Aminosäuremuster, richtige Mineralstoffversorgung, hohe Vitaminisierung, angepasster Rohfasergehalt und möglichst niedriger Mykotoxingehalt im Futter sollten die Basis für eine störungsfreie Ferkelaufzucht sein. Auftretende Probleme sollten jedenfalls zum Anlass genommen werden, die Rationen zu überprüfen und falls notwendig zu korrigieren.
2.) Schwanzbeißen: Das Schwanzbeißen verursacht massive Schäden bei den Tieren. Vor allem wenn das Bebeißen des Schwanzes bis zur Schwanzwurzel geht. Infektionen können bis in den Wirbelkanal aufsteigen und sogar zu Lähmungen führen. Betroffene Tiere gehören separiert und eine entsprechend Wundbehandlung sollte durchgeführt werden (Wundteer, Kannibalenöl etc.)
Als Ursache für das Schwanzbeißen kommen viele Faktoren in Frage:
• Zu hohe Belegdichte
• Zugluft
• Zu hohe Schadgaskonzentrationen (CO2, Ammoniak)
• Stalltemperatur
• Fressplatzmangel
• Parasitenbefall (Räude, Verwurmung)
• Hoher Stallfliegendruck
• Zu lang kupierte Schwänze
• Ungleiche Gruppen
• Kein Beschäftigungmaterial
• Wetterfühligkeit (schlagartige Temperaturänderungen)
Gerade beim Schwanzbeißen ist aber auch die Fütterung gefordert. Folgende Ursachen kommen in Frage:
• Rohfasermangel
• Mykotoxinbelastung
• Eiweißmangel
• Mangel an bestimmten Aminosäuren oder unangepasstes Aminosäuremuster
• Mineralstoffdefizite (Natrum, Magnesium)
• Futter mit zu geringer Nährstoffdichte
• Futterhygiene
• Futterkonsistenz (zu fein, zu grob, zu breeig oder auch zu flüssig)
• Futterzuteilung (zu wenig, nicht an den biologischen Rhythmus der Tiere angepasste Fütterungszeiten)
• Futterwechsel ohne Verschneiden
• Wasserversorgung (fehlerhafte oder zu wenige Tränken)
Tritt Kannibalismus in einem Bestand auf, sind in erster Linie die Störenfriede zu eruieren und aus der Gruppe zu entfernen. Nicht selten ist der Verursacher eines der kleinsten Schweine in einer Gruppe und meist ein Weibchen. Gleichzeitig sind aber weitere Maßnahmen zu treffen: Stallklima und Haltungsbedingungen sollten kritisch überprüft und korrigiert werden.
Welche Fütterungsmaßnahmen können zur Beruhigung der Tiere getroffen werden?
• Überprüfung und wenn notwendig Korrektur der Rationen
• Rohfasergehalt in der Ration erhöhen (Einsatz von Fibrosol-Fasermix)
• Einsatz von Magnesium (am besten Magnesiumfumarat od. Magnesiumpropionat, Magnesiumphosphat)
• Vitamin E-Gehalt erhöhen (Einsatz von SOLAN 2544)
• Einsatz von Dextrose (um das Absinken des Blutzuckerspiegels auszugleichen)
• Einsatz eines Mykotoxinbinders (Phytosorb PLUS)
Eine weitere Möglichkeit bietet auch das Produkt PEKONI im Sortiment von SOLAN. Dieses Produkt vereint praktisch alle bekannten Möglichkeiten, über die Fütterung Maßnahmen gegen Kannibalismus zu treffen. Über die Anwendung und Eigenschaften gibt Ihnen gerne Ihr SOLAN-Fütterungsberater Auskunft.
Als weitere Hilfestellung möchten wir Ihnen hier eine Checkliste anbieten:
CHECKLISTEKannibalismus.pdf [118 KB]